Werte, Selbstvertrauen und Verhaltensweisen
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Wir sind von Natur aus neugierig. Als Kinder stellen wir viele Fragen und brauchen möglichst oft Antworten oder Informationen, die der Wahrheit entsprechen.
Werden die Fragen abgetan und wird uns irgendein Quatsch oder Märchen erzählt, kann ein Kind die eigene Wahrnehmung nicht mit dem Verhalten der Bezugspersonen abstimmen. Vor allem Familien, bei denen etwas nicht harmonisch läuft, wollen nach außen ein gutes Bild abgeben und halten deshalb kindliche und neugierige Fragen für bedrohlich und bagatellisieren ihr widersprüchliches Verhalten.
Das Image nach Außen, die eigenen Unsicherheiten und Disharmonie sollen unsichtbar bleiben dabei eine wichtigere Rolle als Aufklärung oder das Wohlbefinden des Kindes.
Das Kind nimmt etwas wahr. Doch Streitigkeiten und Probleme werden verniedlicht, verleugnet oder unter den Teppich gekehrt. Das Geschehen wird zum Tabu erklärt, über das nicht gesprochen werden darf. Fragen werden totgeschwiegen.
Daraus kann sich ein Verhaltensmuster und unterschwellige Botschaften entwickeln, die einen irritierenden Einfluss auf die Selbst-Wahrnehmung haben. Das Selbstvertrauen kann empfindlich gestört werden.
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Häufige Sprüche die Kinder zu hören bekommen:
„Deine Fragerei nervt!“
„Du musst nicht alles wissen.“
„Das geht dich nichts an.“
„Es ist doch alles in Ordnung.“
„Sei nicht so neugierig!“
„Das bildest du dir ein.“
„Frag doch nicht so blöd!“
„Was sollen denn die Lehrer (Nachbarn, Tanten, Onkel, Freunde) denken.“
„Sei lieb!“
„Das ist doch nicht so schlimm.“
„Stell dich nicht so an!“
"Glaubst du mir nicht?"
„Du übertreibst maßlos.“
„Woher willst du das wissen?“
„Wenn ich sage, das ist so, dann ist es so!“
„Du spinnst doch!“
Das Selbstvertrauen des Kindes
Folgenschwer für das Selbstvertrauen eines Kindes kann es sein, wenn ein Kind sogar innerhalb der Familie nicht wissen darf, was los ist. Die eigene Wahrnehmung und das, was die Bezugspersonen sagen oder tun, erzeugen eine Zerrissenheit (Ambivalenz).
Das Kind nimmt etwas wahr, was ihm seltsam vorkommt aber die Fragen werden abgetan oder sogar verboten. Dieser Widerspruch verunsichert das Kind. Es weiss nicht, was stimmt. Ambivalenzen kann ein Kind nicht lösen und bildet ein Verhaltensmuster mit mangelndem Selbstvertrauen. Will eigentlich noch mehr Fragen stellen, um sich sicher zu fühlen und vertrauen zu lernen. Widersprüche kann niemand lösen. Sie müssen aufgedeckt, beleuchtet, erklärt werden.
Familiengeheimnisse sind unsichtbare Lasten.

Man kann sie spüren. Aber es ist unmöglich, sie zu identifizieren, zu beleuchten oder zu verarbeiten. Sie sind oft mit Schuld oder Scham verbunden.
In der Familie wird versucht, was geschehen ist, in eine dunkle Ecke zu verbannen. Doch das hilft nicht. Das Verbergen lässt es nicht verschwinden. Dies hat genau den gegenteiligen Effekt. Obwohl niemand das Geheimnis sehen kann, ist es so lebendig wie eh und je. Alles drängt ans Licht. Besonders Dinge die verdrängt werden, kommen fast immer ans Licht.
Scham- und Schuldgefühle sind eines der giftigsten und schädlichsten Gefühle für einen Menschen. Wer diese Art von Schuld mit sich herumträgt, fühlt sich dadurch unwürdig und sucht unbewusst nach Möglichkeiten, sich selbst zu verurteilen.
Es ist wichtig - aus der Beobachterperspektive - die Vergangenheit aufzuarbeiten und abzuschließen.
Ohne Schuld und Scham kann alles ganz anders werden.
Selbstvertrauen kann ungeahnte Fähigkeiten, Ressourcen und Talente hervorbringen.

Quelle: Roland Kopp-Wichmann, Psychologe & Coach in Heidelberg.